Steph

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Die Gesellschaft sollte sich endlich weiterentwickeln und erkennen, dass Körper nun mal unterschiedlich und vielfältig sind. Sie soll aufhören uns alle immer wieder mit den gleichen Schein-Schönheitsnormen zu manipulieren oder verletzen und endlich einsehen, dass Schönheit, Begehren, Sexualität und Selbstliebe in der Realität überhaupt nichts mit “den richtigen Maßen” zu tun hat! Dafür bin ich wohl das beste Beispiel! Bitte: Feiert’s euch selbst! <3

Mein dicker_fetter_chubby Körper war mein ganzes Leben lang ein zentrales Thema –  meistens für andere, oft im negativen Sinne. Seit Beginn meiner Wahrnehmung wurde mein Körper immer wieder zur Zielscheibe extrem verletzender und dummer Kommentare, verbaler und nonverbaler Bewertungen aller Art und – daraus resultierend – auch zur Zielscheibe meines Selbsthasses. Egal ob Familienessen, die Schulärztin, auf der Straße, in der Schule oder auf Festivals am Weg zum Klo – irgendwo gabs meist zumindest eine Person, die unbedingt eine Bemerkung über ihn abgeben musste. Jedes Mal wenn meine Mutter ein “Mah, ist sie schon groß geworden” von Verwandten mit einem “… und in die Breite auch!” entgegnete, fühlte ich mich so scheiße, dass ich am liebsten im Erdboden verschwunden wäre. Jedes “Fette Sau” auf der Straße, jeder wahrgenommene, dumme Blick von anderen, kann sich bewusst oder unbewusst so sehr in die Psyche brennen, egal ob du es willst oder nicht. Ich war nie das unauffälligste Mädchen, weil ich schon immer sehr offen und kommunikativ war, aber ich hatte lange Zeit große Probleme, vor einer Gruppe Menschen zu stehen und zu reden. Alle Blicke gerichtet auf diesen_meinen “Anti-Norm”-Körper. Wie viele Tage_Nächte ich irgendwo heulend saß und mich für den hässlichsten und schrecklichsten Menschen der Welt hielt. Von irgendwo immer wieder ein “wennst so unglücklich bist, musst halt abnehmen”. Bis ich bemerkte, dass nicht ich ein Problem mit meinen Körper hatte – ich fand den eigentlich immer schon ganz gut – sondern mir alle anderen dauerhaft einredeten, dass er es nicht ist und ich ihn auch nicht schön finden darf.

Dem Internet (tumblr) und “dem Feminismus” sei Dank stieß ich irgendwann Mitte Anfang Zwanzig auf “Body Positivity”, “Fat Shaming”, auf selbstbewusste Menschen als Vorbilder und das Gefühl einer sich verändernden Wahrnehmung bezogen auf meinen eigenen Körper. Ich hab mein Hirn durch die anderen Eindrücke abseits der Normen “umprogrammiert”. Dabei wurde mir auch noch stärker bewusst, wie schön, wunderbar und reizend die unterschiedlichsten Körper sind und dass gerade diese Individualität es so spannend macht. Irgendwo schnappte ich zusätzlich noch den Satz “Meine Körper ist eine Demo” auf und machte es von da an zu meinem Lebensmotto. Ich begann mich mit Mode zu spielen, und das zu tragen, was MIR gefällt und fand dadurch noch weiter zu mir selbst. Es kamen_kommen immer mehr Tattoos auf meinen nackten Körper, um seinen einzigartigen Kunstwerk Status nochmal zu unterstreichen. Es war zwar ein schwerer, anstrengender und langer Weg, aber nun kann ich stolz behaupten, meinen Körper wirklich so zu lieben, wie er ist und dass er ständig in Veränderung steht. 

Die verbalen Beleidigungen sind mit der Zeit immer weniger geworden, wahrscheinlich das Alter, wahrscheinlich aber auch die eigene Ausstrahlung, die durch steigender Selbstliebe nur besser werden kann. Jetzt sind es meist nur mehr Blicke bis richtiges Gaffen oder auch mal ein Kopfschütteln auf der Straße wenn ich an Leuten vorbei gehe. Manchmal kommt mir ein Kommentar aus, selten tut es noch weh, aber die meiste Zeit ärgert es mich. Diese Leute projizieren eigentlich nur ihre eigenen Unsicherheiten auf mich: Wie kann ICH nur so eine fette, selbstbewusste, auffällige, freie, junge Frau sein und mich nicht verrückt gemäß der Normen machen. Und dabei würd ichs ihnen auch wünschen, dass sie das könnten. 

Ich kann nur ein Vorbild für andere sein, denn wir sollten alle lernen unsere Körper zu lieben und aufhören andere dafür abzuwerten. Das gilt ebenso für Blicke! Wir sollten alle dafür feinfühliger werden, denn es kann Menschen verletzen, und das tut es auch!

Abschließend möchte ich unbedingt noch etwas loswerden. Obwohl NIEMAND den eigenen (Selbst-)Wert von anderen abhängig machen sollte, würde ich gerne etwas aus meiner persönlichen Erfahrung teilen (ich denke, es könnte anderen dicken_fetten Menschen ganz gut tun, das mal zu lesen_hören_wissen): Wenn ich etwas mit meinen 31 Jahren gelernt hab, dann, dass die Art meines Körpers definitiv jegliche Art von Menschen (und auch nicht wenige) anmachen kann und es auch tut.

Was mich so grantig und wütend dabei macht ist, dass die Gesellschaft einfach weiterhin so tut, als würde es Unmöglich sein und das gehört verändert!